Es ist Montagabend und in Kuerze serviert Yamini hier in der Villa Camelot das Abendessen. Es duftet bereits herrlich. Nach meinem Field-Trip nach Pusad und dem letzten Arbeitstag bei Rang De hatte ich ein paar Tage Erholung noetig. Sowohl koerperlich aber auch mental. All die Eindruecke bei Sagras und deren Kunden in Pusad und den umliegenden Doerfern waren sehr bewegend. Somit habe ich Bangalore nicht wie geplant am Samstag verlassen sondern bin vom Hotel in der Naehe des Zentrums wieder in die Villa Camelot am Sadtrand gezogen wo ich von der Familie Khana herzlich aufgenommen wurde. Nachdem ich am Samstag einfach mal im Haus ein wenig ausgespannt habe bin ich gestern Vormittag mit Yamini, Raghul und dem 4 1/2 jaehrigen Dharia ins Kino und die nahegelegene Shopping Mall gegangen. Wir sahen uns Johnny English Reborn an.
Doch nun zu meiner Woche bei Rang De und dem Besuch bei Sagras im 930 km entfernten Pusad.
Nachdem ich am Montag einen sehr langen Arbeitstag habe ich am Dienstag nur bis 13.00 Uhr gearbeitet. In dieser Zeit habe ich das angefangene Video-Projekt beendet und wir haben die geplanten sowie ein paar zusaetzlichen Besprechungen abgehalten. Dabei ging es mehrheitlich um Marketing und Webdesign. Beides sehr wichtige Themen bei Rang De.
Nach dem Verlasse des Bueros und einem kuezen Aufenthalt im Hotel umdas Noetigste einzupacken, habe ich mich dann Richtung Flughafen aufgemacht. Dieser liegt 35 km auserhalb der Stadt und wegen den ueberlasteten Strassen braucht man fuer die Bewaeltigung dieser Distanz ueber 2 Stunden. Jedenfalls bin ich dann mit Spacejet 1.5 h nach Nagpur geflogen. Dort hat mich ein Pickup-Service des Hotels abgeholt. Im Hotel habe ich dann im wunderbaren Restaurant bei Live-Musik ein koestlichen indiesches Abendessen genossen. Am Mittwoch Morgen wurde ich dann von drei Mitarbeiter von Sagras im Hotel abgeholt. Kurz nachdem wir uns mit dem Auto auf den Weg ins 250 km entfernte Pusad gemacht hatten, fing der Sagras-Mitarbeiter, der neben mir im klimatisierten Suzuki Swift sass, an mir allerhand Wissenswertes ueber die Gegend und die Geschichte von Sagras zu erzaehlen. Nebenbei erfuhr ich, dass die drei Herren in Pusad um 2.00 Uhr morgens aufgestanden waren um mich in Nagpur abholen zu kommen. Ca. eine Stunde nachdem wir in einem kleinen Dorf ein typisches indisches Fruestueck zu uns nahmen, Dosa und Chai, meinte Mr. Pandaripande, dass wir eine weitere Tee-Pause einlegen sollten. Er schien sichtlich muede zu sein. Ich und die anderen blieben im Auto den wir hatten kein Verlangen nach einem weiteren Chai. In der Abwesenheit von Mr. Pandaripande erfuhr ich, dass dieser ein wohlhabender ehemaliger IT-Guru sei und hier in der Gegend sehr bekannt ist. Ich fuehlte mich etwas schlecht in Anbetracht, dass ich ein gewoehnlicher Volunteer bin.
Jedenfalls kamen wir dann gegen 13.00 Uhr in Pusad an. Nach einem kurzen Abstecher ins Hotel wurde ich zum Buero von Sagras gefahren. Dort wurde ich vom CEO Mr. Bhange und dem gesamten 14-koepfigen Team empfangen. Wir hielten ein Meeting ab und ich erfuhr so einiges ueber die Taetigkeit von Sagras. Nun war das Mittagesssen an der Reihe. Wir assen natuerlich im besten Restaurant von Pusad. Danach besuchten wir, das heisst ich, Mr. Bhange und ein ganzer Tross von Mitarbeitern, diverse Mikrokreditnehmer in der Umgebung. Die Empfaenger von Mikrokrediten sind jeweils in einer Gruppe a 5 Frauen organisiert. Sie beziehen den Kredit gemeinsam und buergen auch fuereinander. Jede Gruppe hat mich jeweils in einem extra hergerichteten Raum und mit Blumen sowie Tee und kleinen Snacks empfangen. Durch Mr. Mankar der soswohl fliessend Englisch wie auch die lokale Sprache Marathi spricht, wurden meine Fragen und die Antworten der Frauen jeweils uebersetzt. Doch bald stellte ich fest, dass nicht nur ich Fragen hatte. Fuer die Leute in Pusad schien es offensichtlich etwas ganz besonderes zu sein, einen Europaeer und erst noch Schweizer bei sich zu Gast zu haben. Jedenfalls ergaben sich sehr interessante Gespraeche und ich hatte wirklich das Gefuehl nun an der Basis der Mikrofinanzindutrie angekommen zu sein. Die Frauen haben mir nach dem Treffen im Haus jeweils auch ihr Business vorgestellt. Die meisten von ihnen verkaufen Gemuese, Brennholz oder Schmuck. Andere haben kleine Imbissstaende oder vermieten Fahrraeder.
In jeder der besuchten Gruppen hatte es Mitglieder welche aktuell einen Mikrokredit von Rang De haben oder in der Vergangenheit einen solchen bezogen hatten. Die Kredite von Rang De sind sehr begehrt, den die Laufzeit und die Zinsen sind fuer Leute mit sehr bescheidenen finaziellen Moeglichkeiten optimal. Somit erstaunt es nicht, dass das Haupotanliegen der Kreditnehmerinnen und der Mitarbeiter von Sagras ein erhoehtes Volumen an zu vergebenden Mikrokrediten sowie eine erhoehung der maximalen Kredithoehe ist. Doch um es Rang De zu ermoeglichen diesen Beduerfnisse nach zu kommen, muss zusaetzliches Kapital von Investoren gewonnen werden. Deshalb fokusiert das NGO nun auch auf die Verbesserung seines Marketings.
Am Abend wurde im Buero von Sagras die uebliche Besprechung abgehalten an welcher ich natuerlich auch teilnahm. Wir wurden jedoch duch einen Telefonanruf unterbrochen: eine Gruppe von Kreditnehmerinnen hatte mich bei einem Besuch in der Nachbarschaft beobachtet und spontan auch ein Treffen organisiert. So wurde ich von Mr. Bhange gefragt ob ich Lust haette einen weiteren Kundenbesuch zu unternehmen. Ich willigte natuerlich ein. Danach ging es aber auf direktem Weg ins Hotel den ich war fix und fertig.
Der Mittwoch Vormittag verlief aehnlich wie der Tag zuvor. Im Office von Sagras assen alle Mitarbeiter wie jeden Tag zusammen das Fruehstueck bevor man den bevorstehenden Arbeitstag miteinander besprach. Ich erinnerte mich daran, dass man mir bei der meiner Ankunft am vergangenen Tag erklaert hatte, dass die Mitarbeiter von Sagras wie eine grosse Familie organisiert sind. Dem konnte ich aufgrund meiner Beobachtungen nun voll zustimmen. Nach der Besprechung im Buero hielten wir wiederu diverse Kundenbesuche ab.
Vor dem Mittagessen hielten wir wiederum eine Besprechung im Buero ab. Dieses Mal ging es aber wesentlich laenger, den da wir uns jetzt alle bereits etwas besser kannten, konnten auch heiklere und direktere Fragen besprochen werden. Zudem stand meine Verabschiedung auf dem Program. Wir bedankten uns gegenseitig fuer die tolle Zeit und ich wurde mit Geschenken ueberhaeuft wonach ich mich verabschiedete. Nach dem Mittagessen traten Mr. Bhange, Mr. Mankar, zwei Sagras Mitarbeiter und ich die Fahrt zurueck nach Nagpur an. Wir waren bereits etwas in Verzug mit dem Zeitplan, beschlossen aber denoch im Buero einer Partnerorganisation, das auf dem Weg lag, vorbei zu schauen. Ein lohenender Besuch, den ich lernte den Vater von Mr. Mankar kennen, von welchen ich bereits viel gutes Gehoert hatte. Nun gings weiter Richtung Fliughafen. Der Verkehr auf den Strassen nahm mehr und mehr zu und ich war bereits etwas besorgt ob ich den Flughafen rechtzeitig erreichen werde. Zum Glueck hatte ich am Mittag vor der Abreise den Check-in fuer den Flug bereits online erledigt, somit musste ich etwas spaeter am Flughafen sein. Schlussendlich kamen wir 17 Minuten vor dem geplanten Abflug am Flughafen von Nagpur an. Ich rannte durch die Sicherheitskontrolle und fragte am Gate nach dem Flug nach Bangalore.
Die Antwort die ich bekam war recht ueberraschend: das Flugzeug sei bereits gestartet! Nun gut, da war natuerlich nichts mehr zu machen. Ich musste mich damit abfinden dass ich nicht meht am selben Abend nach Bangalore kommen wuerde. Die Fluggesellschaft argumentierte zu Recht, dass ich auch bei einem Web-Check-in mind. eine halbe Stunde vor Abflug am Gate erscheinen muesse, dennoch sahen sie wohl ein, dass mindestens eine Benachrichtigung ueber der vorverlegten Abflugstermin auf meine bei der Buchung hinterlegte indische Telefon-Nr. durchaus angebracht gewesen waere. Man hat mir dann jedenfalls sehr unkompliziert den naechsten Flug nach Bangalore am Vormittag gebucht und ein Zimmer im Flughafen angeboten, dass eigentlich Piloten vorbehalten ist. Da ich voellig geschafft war von der Fahrt und all den aufregenden Erlebnissen der letzten Tage, legte ich mich nach dem Abendessen im Flughafen-Restaurant sehr frueh ins Bett.
Am Freitag Morgen konnte dann nichts mehr schief gehen was den Rueckflug nach Bangalore anbelangt. Schliesslich befand sich die Abflughalle nur einen Stock tiefer. Zwischen der Ankunft am Flughafen in Bangalore und der sehnlichst erwartenden Erfrischung im meinem Hotelzimmer stand nur noch die lange Busfahrt vom Flughafen ins Zentrum. Immernoch recht muede aber geduscht und mit frisch eingekleidet stieg ich in ein Taxi und machte mich auf den Weg ins Head Office von Rang De. Dort musste ich natuerlich ausfuehrlich ueber meine Erlebnisse berichten. Danach blieb noch etwas Zeit zur Erledigung von ein paar letzten Arbeitshandlungen bevor ich dann von Ram, dem Ko-Gruneder und CEO von Rang De, und dem gesamten Team verabschiedet wurde.
Die zwei Wochen bei Rang De und der Field-Trip bei deren Partnerorganisation Sagras in Pusad waren eine sehr intensive aber auch kurzweilige Zeit und wir alle wuneschten uns das ich eine weitere Woche bleiben wuerde. Anderseits hatte ich nur noch 2 1/2 Woche hier in Indien und wollte unbedingt noch die bisher nie besuchte Ostkueste erkunden.
Nach einer weiteren Kurzvisite im Hotel bin ich am Freitag Abend in den Bus nach Whitefield im Osten von Bangalore gestiegen. Dort hatte ich mich mit Arunabh und seiner Frau in einem Restaurant verabredet. Ich hatte viel zu erzaehlen und dank meinem Tablet-PC konnte ich den beiden auch gleich passendes Bildmaterial vorfuehren. Nach einem Erinnerungsfoto habe ich mich dann aufgemacht zurueck ins Zentrum um dort die letzte Nacht in Tom's Hotel zu verbringen.
Nach einer erholsamen Nacht und dem Check-out im Hotel bin ich ein letztes Mal in meinem Lieblings-Cafe an der MG Road gewesen. Danach gings mit Sack und Pack, wie zuvor mit der Familie Khana vereinbart, in die Villa Camelot wo ich mich seither bestens erhole und die Zeit mit Raghul, Yamini und Dharia geniesse.
Morgen Dienstag werde ich dann die Gastfamilie verlassen und damit auch Bangalore. Per Bahn werde ich an die Ostkueste nach Chennai reisen. Geplant ist ein kurzer Aufenthalt bevor es dann weiter nach Mamallapuram, Auroville und Pondicherry geht.
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